Projektorchester der JuKa Gunzenhausen

Am Ende des Abends hält es das Publikum nicht mehr auf den Stühlen: Das Abschlusskonzert des ersten Projektorchesters der Jugendkapelle Gunzenhausen hat mächtig Schwung und Begeisterung in einen gut gefüllten Bethelsaal gebracht. Es ist der krönende Abschluss eines spannenden Experiments.
GUNZENHAUSEN — „Wo sich eine Tür schließt, tut sich eine neue auf.“ Diese gut gemeinte und dann aber meist doch eher mäßig tröstliche Aufmunterung könnte bezeichnend für die Entstehung des bunten und bereichernden Konzertabends stehen. Denn eigentlich war es ein trauriger Anlass, der für das Projektorchester der JuKA mitverantwortlich war: die Auflösung der Brass Band 2017. Wo aber nun hin mit all der musikalischen Leidenschaft derer, die der Jugendkapelle entwachsen sind? Unter der Leitung von Sandra Feuchtenberger, Michael Winter und Dominic Braun beginnt schließlich ein aufregendes Abenteuer.
Am 6. Oktober 2018 treffen zum ersten Mal rund 60 Musiker aus der gesamten Region zusammen. „Wir wollten Musikerinnen und Musikern eine Möglichkeit bieten, ohne regelmäßige wöchentliche Probentermine und für einen begrenzten Zeitraum etwas Neues auszuprobieren“, erklärt Dominic Braun rückblickend. Der Plan: Innerhalb eines halben Jahres soll ein Konzertprogramm stehen, das sich hören lassen kann – und genau so bunt und facettenreich ist wie das Orchester selbst.
Die Musiker kommen aus den unterschiedlichsten Ecken des Landkreises; jeder bringt andere Lebensumstände, Erfahrungen und Voraussetzungen mit. Das jüngste Mitglied des Projekts ist gerade einmal zwölf Jahre alt, die Ältesten feiern bald ihren 60. Geburtstag und haben ihr Leben lang Musik gemacht. „Das ist schon auch eine Herausforderung, ein Orchester zu leiten, das ich nicht kenne und es sich selbst untereinander auch nicht“, weiß Dirigent Thomas Reski. Er bewirbt sich auf die bayernweit ausgeschriebene Stelle und setzt sich schließlich gegen sieben Konkurrenten durch. Der ausgebildete Orchestermusiker und gebürtige Darmstädter war bereits an verschiedenen Theatern engagiert und durfte sich mehrere Jahre lang 1. Solotrompeter der russischen Kammerphilharmonie in Sankt Petersburg nennen. Heute lebt Reski mit seiner Familie in Schwabach, leitet mehrere Kapellen und Orchester (darunter auch die Stadtkapelle Spalt) und arbeitet als Lehrer für Blasinstrumente an der örtlichen Musikschule. Am Ende des Konzertabends auf der Hensoltshöhe wird er mit einem seligen Lächeln auf den Lippen resümieren: „Es macht mich stolz, dass dieses Experiment so gut funktioniert hat. Es war nicht nur irgendwie – es war souverän.“ Damit hat er nicht übertrieben.
Schon mit Johann Strauss’ Schnellpolka „Tritsch Tratsch“, einer musikalischen Satire auf Wiener Klatschzeitschriften, zerrt das Projektorchester die Zuhörer lustig und fröhlich aus dem Alltagstrubel heraus. Der Schwung der Musiker wird den ganzen Abend nicht verloren gehen und den ein oder anderen kleinen Konzertbesucher zum ausgelassenen Tanzen animieren.
Ein Glanzpunkt ist sicherlich auch „The great Gate of Kiev“ aus Modest Mussorgskis, Liederzyklus‘ „Bilder einer Ausstellung“. Der russische Komponist beschrieb Kunst einmal als „Mittel zur Kommunikation mit Menschen“. Mit „Bilder einer Ausstellung“ schuf er eine Hommage an Viktor Hartmann, Künstler und enger Freund Mussorgskis. Insgesamt zehn Bilder übersetzte Mussorgski dabei in Töne, die sich sanft und andächtig durch den Bethelsaal tasten, so weich wie der Pinselstrich des Malers und so liebevoll, wie die Freundschaft der beiden Künstlerkollegen gewesen sein muss.
Auch „Lord Tullamore“ des zeitgenössischen niederländischen Komponisten Carl Wittrock entpuppt sich als wahrer Ohrenschmaus. Die Interpretation der dreiteiligen Komposition durch das Projektorchester lässt das Publikum für ein paar Minuten in das kleine irische Dorf Tullamore reisen und hat in der Musik alles parat, was die „grüne Insel“ so zu bieten hat: feuchtfröhliche Whiskey-Abende mit ausgelassenen Tanzeinlagen, Folklore, Zauberwesen und unberührte Weiten.
Er wird als „Inbegriff weißer Swing-Musik“ beschrieben und wäre heuer 115 Jahre alt geworden: der Jazzposaunist und Komponist Glenn Miller. Spätestens als das 56-köpfige Projektorchester in ihrer „Glenn-Miller-Parade“ swingend und lässig die großen Hits des Ausnahmekünstlers zum Besten gibt, kann das Publikum seine Begeisterung nicht mehr im Zaum halten und quittiert die Einlage mit frenetischem Applaus und spontanen Bravo-Rufen.
Alles in allem ist es ein beeindruckender und mitreißender Abschluss des ersten Projektorchesters der Jugendkapelle Gunzenhausen, der Lust macht auf mehr. Dem voraus ging ein sechsmonatiges musikalisch wie menschlich bereicherndes intensives gemeinsames Musizieren. Mit einem Augenzwinkern meint Thomas Reski noch: „Ich würde so etwas total gerne wieder durchziehen.“ Gunzenhausen darf also wohl vorfreudig auf eine Fortführung hoffen.
Das Projektorchester erhielt eine Spende der Bürgerstiftung des Landkreises Weißenburg-Gunzenhausen in Höhe von 2000 Euro. Den Scheck überreichte Stiftungsvorstand Willi Renner (rechts), Bürgermeister von Pfofeld, an Dominic Braun.
Bericht und Foto: Bernadette Rauscher, Altmühl-Bote