Weissenburger Kammerorchester servierte ein Jubiläumskonzert der Extraklasse

Wölfi, Franzl – ihr Wiegenväter der Musik, es ist wahr: Man muss kein Klassik-Enthusiast sein, um eure Tonkunst zu lieben! Oder um es etwas weniger schwärmerisch zu sagen: Ein Konzert des Weissenburger Kammerorchesters verspricht zwar stets per se, zu einem feinen Klangerlebnis zu werden. Doch wenn das Projekt obendrein als „Jubiläumskonzert“ betitelt wird, darf man gewiss ein besonders sorgfältig ausgewähltes Programm erwarten. Und so geschah es denn auch in der proppenvollen Karmeliterkirche. Zum 70. Geburtstag erfreuten die Kammermusiker ihr Publikum mit populären Werken von Wolfgang Amadeus Mozart und Franz (Peter) Schubert.

 

Natürlich ging es an diesem Abend im Wesentlichen um schöne Musik. Doch 70 Jahre Kammerorchester – das verpfichtete auch zu kurzem Innehalten! Dr. Klaus Burghardt, 1. Vorsitzender des heutigen Orchestervereins, wies deshalb in seinem kurzen Rückblick auf verdiente Dirigenten und Weggefährten der Orchestergeschichte hin. Mehrere Weissenburger Familien seien fast schon traditionell im Orchester vertreten. An die Adresse von Dr. Andreas Palme gewandt, dankte er zudem der Volkshochschule Weissenburg als bewährtem Veranstalter der Konzerte. Eine besondere Würdigung erfuhr schließlich der heutige Konzertmeister: „Roman Strössner ist nicht nur der Mittelpunkt unseres Orchesters, er ist auch Manager, Notenwart und Hauptorganisator unserer Projektarbeiten“, schwärmte Dr. Burghardt. Da spendete auch das Ensemble heftigen Applaus. Das Orchester schaut also nach vorn und sieht seit einer konzeptionellen Neuerung eigentlich wechselnde Dirigenten vor.

 

Eigentlich – denn am Pult stand einer, den man bereits kennt: Der junge Georgier Gocha Mosiashvili. Als freischaffender Dirigent führte er das Weissenburger Ensemble bereits im Vorjahr durch einen wunderbaren Mozart- und Beethovenabend. Auch beim Jubiläumskonzert am Samstagabend hielt er mit sparsamen Gesten das energisch und kraftvoll spielende Orchester gut zusammen. Den Auftakt bildete die Ouvertüre zur „Zauberflöte“ – jenem heiteren Märchen, das zu den meistgespielten Mozart-Opern zählt. Obwohl die Ouvertüre erst zwei Tage vor der Uraufführung fertig wurde, notierte Mozart mit ihr endlich wieder einen Erfolg. Nur zwei Monate später starb der junge Komponist bekanntlich mit gerade 35 Jahren.

 

Vom Publikum geradezu gefeiert wurde danach der junge Solist des Abends. Ganz im Sinne der Orchesterziele – begabte Nachwuchsmusiker zu fördern – spielte sich ein frisch gebackener Abiturient in die Herzen des Publikums: Johann Becker, 18 Jahre jung und eher angehender Mediziner denn Pianist. Mit jugendlichem Charme, guten Nerven und ausgefeilter Technik trat er beim Jubiläumskonzert erstmals als Solist in einem Orchester an. Beseelt und voller Hingabe spielte er Mozarts Klavierkonzert Nr. 23 in A-Dur. Es gilt als Inbegriff des klassischen Klavierkonzertes und ist eines der berühmtesten Werke des großen Meisters. Beckers Finger fliegen beim schnellen Allegro und Allegro assai nur so über die Tasten. Nach überzeugend gespielten drei Sätzen und ohne Anflug von Allüren steht er in lässigem Outfit geradezu schüchtern am Bühnenrand, um den mit Händen und Füßen vorgetragenen Applaus entgegenzunehmen. Das konnte nicht ohne Zugabe bleiben: Mit Rachmaninoffs „Vocalise“ verabschiedete er sich bescheiden aus diesem Debüt.

 

Den effektvollen Auftakt zum zweiten Teil des Festkonzerts prägte Franz Schuberts „Ouvertüre im italienischen Stil“ – laut Biographie aus einer musikalischen Wette heraus entstanden: Beim Besuch einer Rossini-Oper war Schubert überzeugt, dem großen Italiener ouvertürenmäßig in nichts nachzustehen. So enstand binnen kürzester Zeit die temperamentvolle Ouvertüre in C-Dur. Geradezu tänzerisch leicht und beschwingt begleiteten alle Instrumente das durchwegs heitere Stück. Das Kammerorchester brachte damit ein wenig italienisches Flair in die Karmeliterkirche.

 

Nun aber zum Höhepunkt des Festkonzerts, zu Schuberts „Unvollendeter“, der wunderbaren 8. Sinfonie in h-Moll. Warum der Komponist die Arbeit nach „nur“ zwei Sätzen einstellte und das Werk damit als „unvollendet“ gilt, ist bis heute ungeklärt und Diskussionsstoff unter Musikwissenschaftlern. Den Besuchern in der Karmeliterkirche wird das herzlich egal gewesen sein. Sie genossen die ganze Klangbreite der beiden ergreifenden Sätze, die wie eine geheimnisvolle Erzählung begannen. Mehr Werkbeschreibung wäre dilletantisch. Nur so viel noch: Auch im zweiten Satz geht es nur zu Beginn etwas ruhiger, weniger dramatisch zu. Wieder erklingen drei Themen, die sich wiederholen. Eine fast kontemplative Stimmung wechselt mehrfach bis zum Fortissimo, um schließlich zum Finale mit einer langen, ruhigen Coda auszuklingen.

 

Mit der „Unvollendeten“ krönte das Orchester einen vollendeten musikalischen Abend, der nach langem Applaus natürlich nicht ohne Zugabe enden durfte. Nach der eher entspannenden Coda entschied sich Gocha Mosiashvili für ein lebhaftes Stück aus dem zweiten Teil der „Zauberflöte“. – Es war ein Abend ganz nach dem Geschmack des musikberauschten Publikums – Herz, was willst du mehr, so fragte man sich nach zwei Stunden wunderbarer Orchestermusik.

 

Wilfried Wiedemann, Stiftungsvorstand der Bürgerstiftung des Landkreises Weißenburg-Gunzenhausen, überreichte anlässlich des Jubiläumskonzerts einen Spendenscheck in Höhe von 1.000 Euro. (Peter Schafhauser)